Wie spreche ich mit den Medien – Pressemitteilungen texten, die Journalisten lesen

„Tue Gutes und rede darüber“, dieser Leitspruch der Kommunikation hat sich in den meisten Unternehmen durchgesetzt und auch in Zeiten von Dialogkommunikation Bestand. Durch Social Media ist der Dialog mit den Zielgruppen in den Fokus gerückt, dennoch ist klassische Medienarbeit als Bestandteil des Kommunikations-Mixes für Selbstständige und Unternehmen nach wie vor eine wichtige Möglichkeit, ein breites Publikum zu erreichen. Vorausgesetzt, es gelingt ihnen, eine für ihre Zielgruppen relevante Redaktion für ihre Inhalte zu interessieren, so dass diese im Anschluss über das Unternehmen berichtet.

Zielführende Medienarbeit ist ein recht komplexer Vorgang. Deshalb widme ich mich heute nur einem Baustein – der textlichen Aufbereitung von Informationen.

Wer ist meine Zielgruppe?

Dass Sie etwas mitteilen wollen, bedeutet noch lange nicht, dass es andere interessiert. Und an dieser Stelle desillusioniere ich gleich ein wenig: kein Redakteur ist brennend daran interessiert, Pressemitteilungen zu bekommen. Aus langjähriger eigener Erfahrung sage ich Ihnen: die tägliche Informationsflut ist für die Redakteure kaum zu bewältigen. In meiner aktiven Zeit als verantwortliche Redakteurin eines großen regionalen Senders hatte ich pro Schicht nicht nur ca. 3.500 Meldungen der Presseagenturen zu scannen und zu verarbeiten, sondern auch zwischen 100 und 250 Pressemitteilungen im Mailpostfach. Eher lästig waren zudem Anrufe von Agenturen und Pressestellen, die fragen, ob Emails angekommen sind, Termine wahrgenommen werden oder die Redaktion beabsichtigt, über ein Ereignis zu berichten.

Wenn man nun bedenkt, dass der Redaktionsalltag nicht nur aus dem Lesen und Verarbeiten von Tickermeldungen und Mails besteht, wird schnell klar, dass es nicht leicht ist, die Aufmerksamkeit eines Redakteurs zu gewinnen und auf die eigene Pressemitteilung zu lenken. Hierzu gilt folgende Faustformel: wenn Sie den Redakteur nicht binnen fünf Sekunden interessiert, informiert und abgeholt haben, hat Ihre Pressemitteilung keine Chance.

Den Fokus behalten

Sie müssen also bereits mit der Betreffzeile (oder Neudeutsch: Headline) Ihrer Nachricht punkten. Überlegen Sie sich also, wie Sie den Inhalt prägnant auf den Punkt bringen und so formulieren, dass er Interesse weckt. „Pressemitteilung Nr. 13“ wie es auch heute noch einige Unternehmen oder Institutionen fertigbringen, gehört nicht in die Kategorie „spannende Headline“. Auch Inhalt, Aufbau und Sprache Ihrer Pressemitteilung sollten zielgruppengerecht gestaltet sein. Das heißt: für den Redakteur schnell zu erfassen und zu verarbeiten.

Dazu einige Tipps aus meiner persönlichen Erfahrung auf beiden Seiten des Schreibtisches:

  • Zündende Überschrift: kurz, knapp, knackig. Hier wecken oder verlieren Sie das Interesse des Redakteurs.
  • Neues und Wichtiges nach vorn – langweilen Sie nicht mit Einleitungen, sondern kommen direkt im ersten Satz zum Punkt. Hintergründe und Erklärungen sind erst dann interessant, wenn der Redakteur weiterliest.
  • Verzichten Sie konsequent auf werbliche Formulierungen – ob etwas spannend ist oder nicht, entscheidet der Redakteur gern selbst und häufig nach anderen Kriterien als Sie. Versuchen Sie es also gar nicht erst mit werblicher Suggestion.
  • Behalten Sie Ihre Zielgruppe im Blick – in diesem Fall ist es nicht nur der Redakteur oder das Medium, welches Sie anschreiben, sondern auch dessen Leserschaft / Hörerschaft / Zuschauer. Fragen Sie sich also: Welchen Nutzen stiften Sie mit Ihrem Thema?
  • Machen Sie es dem Journalisten leicht: wenn vorhanden, liefern Sie Zahlen mit. Das kann eine Statistik sein (Quelle nennen), das können Teilnehmer-, Nutzer- oder Mitgliederzahlen sein oder prozentuale Angaben (Bsp.: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wünscht sich jeder vierte Angestellte, gelegentlich im Home Office arbeiten zu können).
  • Vorsicht bei Superlativen: verwenden Sie Angaben wie „mitgliederstärkster Verband für X“ oder „größte Interessengruppe für YZ“ nur, wenn diese tatsächlich stimmen und nachrecherchierbar sind.
  • Vermeiden Sie Substantivierungen – künstliche Sprachkonstrukte fallen vor allem Redakteuren negativ auf. Formulieren Sie aktiv, wo immer es geht und nutzen Verben.

Phrasen weglassen

Wenn Sie Ihre Pressemitteilung per Email versenden – und das wird in den meisten Fällen zutreffen – dann brauchen Sie eine kurze Anmoderation. Bitte – und das ist jetzt eine ganz persönliche Bitte – tun Sie sich und den Redakteuren einen Gefallen: meiden Sie bitte in jedem Fall einen der folgenden Einstiege:

„Immer mehr Unternehmen…“,
„XYZ wird immer bedeutender“,
„XYZ rückt immer näher“,
„Es ist wieder soweit“.

Bei einem derartigen Einstieg können Sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass ein Redakteur nicht weiterliest, sondern direkt auf die Löschtaste drückt. Warum? Weil es langweiliger und einfallsloser kaum geht und diese Einstiege vor allem auf günstigen Webseiten, die günstige Texter beschäftigen überaus beliebt sind. Das lockt keinen Leser und recht keinen Redakteur hinter dem sprichwörtlichen Ofen hervor.

Haben Sie alles bedacht?

Es klingt banal, dennoch fehlen in Pressemitteilungen häufig wichtige Informationen. Lassen Sie immer noch mindestens eine zweite Person über Ihren Text schauen, bevor Sie ihn absenden (auch im Journalismus gilt das Vier-Augen-Prinzip). Diese Person sollte sattelfest in Rechtschreibung und Grammatik sein. Anderenfalls greifen Sie besser auf einen freien Lektor zurück.

Fehlende Angaben (etwa Hausnummern bei Einladungen, Telefonnummern für Rückfragen) können ebenso wie Rechtschreib- oder Grammatikfehler dafür sorgen, dass Ihre Pressemitteilung allein aus formalen Gründen keine Beachtung findet. Nur wenige Themen sind so hochgradig interessant, dass eine Redaktion nachrecherchiert, um vergessene Informationen selbst zu ergänzen. Um diese Zeit zu investieren muss die Motivation schon sehr hoch sein. Sorgfalt sichert Ihnen zwar nicht die Aufmerksamkeit, schafft aber gute Voraussetzungen und verhindert ein vorzeitiges K.O.

Kurze Checkliste:

  • Ist der Anlass der Pressemitteilung auf einen Blick klar erkennbar?
  • Handelt es sich um eine Einladung: haben Sie den genauen Ort und die Zeit genannt?
  • Sind Ihre Kontaktdaten vollständig und korrekt?
  • Haben Sie im Fuß der Pressemitteilung die wesentlichen Informationen über den Absender zusammengefasst?

Zu guter Letzt

Ihr Text ist fertig und mindestens eine weitere Person hat Korrektur gelesen. Alle Angaben sind vollständig und korrekt und das Sprachbild ist aktiv, Substantivierungen haben Sie eliminiert. Prima. Nun noch einmal zum Text an eine weitere Person ihres Vertrauens senden und diese checken lassen, ob alles komplett ist (nichts ist peinlicher und unprofessioneller, als wenn Sie Ihre Pressemitteilung mehrfach mit Korrekturen an die Redaktion senden müssen).

Fazit

Eine professionelle und gelungene Pressemitteilung bedarf gründlicher Vorarbeit und professioneller Umsetzung. Denken Sie dabei weniger aus der eigenen Perspektive als vielmehr aus der Perspektive des Redakteurs oder besser noch seiner Leser, Hörer oder Zuschauer. Achten Sie darauf, dass Angaben korrekt und vollständig sind und der Text eine professionelle Struktur hat. So erhöhen Sie Ihre Chance auf Aufmerksamkeit.

Und falls Sie ganz praktisch trainieren wollen, damit Ihre Mitteilungen an Medienvertreter wirklich ansprechend und professionell daherkommen, dann schreiben Sie mir eine Mail und lassen uns einen Workshop vereinbaren.

Harriet Lemcke Über Harriet Lemcke
Harriet Lemcke ist Beraterin, Trainerin und Interim Managerin für Unternehmenskommunikation und Organisationsentwicklung und hat langjährige Erfahrung in der internen & externen Kommunikation sowie im Journalismus. In ihrer Arbeit verbindet sie moderne Ansätze in PR und Marketing mit Methoden und Ansätzen aus der Managementlehre und der systemischen Beratung. Sie unterstützt dabei, die Qualität und Effizienz von Kommunikationsprozessen zu verbessern und Ressourcen optimal einzusetzen. Sie haben ein Thema und wollen neue Impulse? Nehmen Sie jetzt Kontakt auf! Zum Beratungsangebot

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