Lebt Ihr Intranet?

20 Jahre ist es jetzt her, dass mein damaliger Arbeitgeber seine erste Webseite online schickte. Im Jahr 1996 war das Medienhaus damit hochmodern. Ein Intranet gab es seinerzeit noch nicht, wohl aber ein so genanntes „Gerüchtearchiv“. Dabei handelte es sich um einen digitalen Ordner, auf den alle Mitarbeiter des Stammhauses und der Außenstudios Zugriff hatten und in welchen sie die neuesten Gerüchte eintragen, ergänzen oder kommentieren konnten. Anonym, versteht sich. In gewisser Weise war dies ein Vorläufer des Intranets, denn einige wesentliche Funktionen erfüllte jenes Gerüchtearchiv. Und es hatte den heute vielfach anzutreffenden Versionen von Intranets einiges voraus. Dazu kommen wir aber später.

Digitaler Wandel verändert auch die interne Unternehmenskommunikation

So selbstverständlich wie heute ein eigener Internetauftritt für Unternehmen ist, so selbstverständlich zählt das Intranet inzwischen zu den klassischen Kanälen der internen Kommunikation. Ich spreche hier von den Unternehmen, die ihre interne Kommunikationsstrategie gezielt entwickeln und verstanden haben, dass die Kommunikation mit den eigenen Mitarbeitern die Basis für zufriedene Kunden und damit für ein florierendes Geschäft ist. Ehrlicherweise muss an dieser Stelle gesagt werden, dass es nach wie vor viele Unternehmen gibt, die ihre interne Kommunikation eher zufällig entwickeln und als Kostenfaktor, denn als Investition ansehen.

Ein modernes Intranet zu gestalten ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn es ist kein einzelnes Werkzeug, sondern eher ein ganzer Werkzeugkasten für das gesamte Unternehmen. Das bedeutet, dass das Intranet nicht nur den Anforderungen diverser Anspruchsgruppen, sondern auch unterschiedlichsten Zielen gerecht werden und damit eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllen muss.

Ziele für das moderne Intranet

Wirft man einen Blick auf die Intranets vor allem mittelständischer Unternehmen hat man häufig den Eindruck, das Intranet sei noch immer primär dazu da, die Informationen der Geschäftsleitung (top-down, also von oben nach unten) zu verbreiten. Und in der Praxis hält sich dieses Denken tatsächlich in etlichen Köpfen bis heute – sowohl auf Managementebene als auch auf Seiten der Mitarbeiter. Ein modernes Intranet ist jedoch weit mehr als das verlängerte Sprachrohr der Geschäftsführung. Ganz grob lassen sich die Ziele des modernen Intranets in vier große Bereiche einteilen.

Information

Eines der Hauptziele, welches mit dem Intranet verfolgt wird, ist, die Informationstransparenz im Unternehmen zu verbessern und damit letztlich die Sicherheit, Stimmung und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter positiv zu beeinflussen. Offizielle und verbindliche Informationen des Unternehmens werden redaktionell aufbereitet und allen Mitarbeitern zugänglich gemacht. Über eine Wissensdatenbank (internes Wiki) kann das Unternehmenswissen abrufbar sein und Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit erheblich unterstützen. Personalveränderungen, aktuelle Projekte, Visionen und Strategien, Veranstaltungen, Gratifikationen und nicht zuletzt der Speiseplan und Angebote des betrieblichen Gesundheitsmanagements gehören in ein umfassendes Informationsangebot.

Kommunikation

Austausch und Interaktion im Unternehmen zu fördern ist ein weiteres Metaziel des modernen Intranets. Und genau in diesem Punkt war unser altes „Gerüchtearchiv“ vielen heute anzutreffenden Intranets um Längen voraus. Wirklich jeder Mitarbeiter schaute täglich interessiert, was der Buschfunk meldet und kommentierte fleißig mit. Mit dem positiven Begleiteffekt, dass die in Unternehmen häufig anzutreffende Cliquenbildung und Flurfunkhierarchie obsolet waren und man sich emotional verbunden fühlte.

Moderne Intranets nutzen unterschiedliche Formate, um Austausch und Interaktion im Unternehmen zu fördern – das reicht vom Management- oder Mitarbeiter-Blog mit Kommentarfunktion bis hin zur Einbindung von Messenger-Diensten. Alternativ hierzu sind aktuell interne Social-Media-Plattformen in aller Munde. Die Herausforderung bei dem Ziel, Austausch und Interaktion im Unternehmen zu fördern, sehe ich allerdings weniger in den Instrumenten als vielmehr in Inhalten, Struktur, Verantwortlichkeiten und Prozessen.

Kollaboration

Je größer das Unternehmen oder je dezentraler es organisiert ist, kann das kollaborative Arbeiten von Mitarbeitern in agilen virtuellen Projektteams oder Arbeitsgruppen ein Ziel des Intranets sein. Diesen Punkt beschreibe ich weniger ausführlich, weil er in meinen bisherigen Projekten eher eine untergeordnete Rolle spielte bzw. für kollaboratives Arbeiten externe Software-Lösungen anstelle des eigenen Intranets verwendet wurden. Wenn Sie hier aus Ihrem Unternehmen ein Best-Practise-Beispiel beisteuern mögen, ermuntere ich Sie ausdrücklich, dieses in Form eines Kommentars zu tun.

Services

Neben der Möglichkeit, Urlaubsanträge über das Intranet zu stellen und Seminare zu buchen bieten viele Unternehmen ihren Mitarbeitern unterschiedliche Services an, um ihnen die Arbeit und die Organisation derselben zu erleichtern, sie zu motivieren, zu unterstützen oder auch zu belohnen. Das Spektrum reicht von vergünstigten Mitgliedschaften in Fitnessclubs über Vergünstigungen bei Kooperationspartnern, Teamwettbewerbe bis hin zu Betriebsfeiern und vielem mehr. Diese sichtbar und damit auch für alle Mitglieder nutzbar zu machen, ist ein weiteres Ziel des Intranets. Letztlich geht es darum, im virtuellen Raum eine Heimat zu schaffen, also die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen zu festigen, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, ein einheitliches Unternehmensbild in den Köpfen der Mitarbeiter entstehen zu lassen, welches diese dann auch nach außen tragen können.

Einen interessanten Blick auf Ziele des Intranet liefert auch Joachim Lindner, der sich dafür ausspricht, Ziele möglichst konkret in Bezug auf Umfang und zu formlieren und darauf zu achten, dass sie realisierbar sind.

Schlaglicht Praxis: Wie steht es um den Patienten Intranet?

Das Intranet soll die Mitarbeiter informieren, ihnen bei der Orientierung in der Organisation helfen und ihren Arbeitsalltag erleichtern. Aktuelle Studien zeigen allerdings, dass viele Intranets diese Ziele aus Sicht der Mitarbeiter klar verfehlen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens NetFed in Zusammenarbeit mit dem manager magazin finden 60 Prozent der Intranetnutzer Informationen gar nicht oder nur zufällig. Jeder 10. Nutzer hält das Intranet sogar für vollkommen nutzlos.

Das liegt vor allem daran, dass viele Unternehmen der Intranetpflege wenig Aufmerksamkeit schenken (häufig sogar den gesamten Bereich interne Kommunikation stiefmütterlich behandeln). Es läuft so nebenher und häufig sind die Zuständigkeiten nicht eindeutig geklärt. Dies kann ich aus eigenen Beobachtungen in der Praxis bestätigen. Erst kürzlich bekam ich während eines Mandats von den Mitarbeitern des Kunden auf Nachfrage immer wieder die Antwort, sie würden das Intranet selten bis gar nicht nutzen. Der Grund lag hier auf der Hand: das Intranet war in den vergangenen Jahren nur sporadisch gepflegt worden und bis auf den Speiseplan der Kantine nicht auf dem aktuellen Stand. Es gab unterschiedliche Zuständigkeiten für einzelne Bereiche des Intranets, jedoch seit Monaten niemanden, der das Projektmanagement verantwortete, die Fäden zusammenführte sowie Qualität und Umsetzung kontrollierte. Mit dem Ergebnis, dass einige Bereiche (Bsp.: „neue Mitarbeiter“) seit mehr als einem Jahr nicht mehr aktualisiert worden waren. Man könnte sagen: dem Patienten Intranet geht es häufig sehr schlecht, manch einer wird sogar künstlich am Leben gehalten.

Modernes Intranet – Wie geht es besser?

Eine klare, übersichtliche Informationsarchitektur hat entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz und Nutzung des Intranets. Statt dieses Projekt primär in der IT anzusiedeln, sollte es besser von einer interdisziplinär besetzten Fachgruppe aus Management, Kommunikationsspezialisten sowie IT-Fachkräften und einem Designer entwickelt, fortlaufend gepflegt und ständig optimiert werden.
Um das Intranet als Plattform für Interaktion und Kollaboration nutzbar und attraktiv zu machen, muss es ganzheitlich gedacht und entsprechend entwickelt werden. Dazu gehört auch, dass Vorurteile wie „die Mitarbeiter könnten sich vor der Arbeit drücken und das Intranet 2.0 wie eine Art Firmen-Facebook benutzen“ aus den Köpfen des Managements verschwinden. Praxisbeispiele belegen den gegenteiligen Effekt. Die Möglichkeit der direkten Kommunikation innerhalb des Unternehmens auch über soziale Intranet-Tools dämmt die Email- und Newsletterflut ein und hilft damit letztlich auch, die Arbeitszeit effizienter zu gestalten.

Fazit

Einen allgemein gültigen idealtypischen Aufbau für ein modernes Intranet gibt es nicht. Das Intranet sollte zu Ihrem Unternehmen passen, leicht und intuitiv zu bedienen und sowohl inhaltlich als auch optisch ansprechend gestaltet sein. Es permanent zu pflegen, zu aktualisieren und optimieren ist dabei ebenso wichtig für die Nutzung und Akzeptanz. Sie tun gut daran, Ihrem Intranet die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken wie dem Internetauftritt Ihres Unternehmens.

Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Kommunikation Ihnen bietet – nicht nur instrumentell, sondern vor allem auch persönlich. Fragen Sie in den verschiedenen Bereichen Ihres Unternehmens nach Wissensbedarf, Problemen und Erwartungen. So ist es Ihnen möglich, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die Ihren Mitarbeitern die tägliche Arbeit und die Zusammenarbeit erleichtern. Bedenken Sie dabei, dass Prozesse immer eine Wechselwirkung haben. Ihr Intranet ist Teil Ihres Unternehmens und ein Instrument, mit dem Ihre Unternehmenskommunikation zur Formung des Unternehmensbildes in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter beitragen kann. Auf der anderen Seite formen und gestalten Ihre Mitarbeiter durch die Art und Weise wie sie das Intranet nutzen die Identität und Kultur Ihres Unternehmens mit.

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Harriet Lemcke Über Harriet Lemcke
Harriet Lemcke ist Beraterin, Trainerin und Interim Managerin für Unternehmenskommunikation und Organisationsentwicklung und hat langjährige Erfahrung in der internen & externen Kommunikation sowie im Journalismus. In ihrer Arbeit verbindet sie moderne Ansätze in PR und Marketing mit Methoden und Ansätzen aus der Managementlehre und der systemischen Beratung. Sie unterstützt dabei, die Qualität und Effizienz von Kommunikationsprozessen zu verbessern und Ressourcen optimal einzusetzen. Sie haben ein Thema und wollen neue Impulse? Nehmen Sie jetzt Kontakt auf! Zum Beratungsangebot

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5 Gedanken zu „Lebt Ihr Intranet?“

  1. Wir haben bei uns versucht ein Intranet einzurichten, aber leider wurde es von vielen Mitarbeitern nicht richtig angenommen. Nach einigen Monaten waren so gut wie keine Einträge mehr vorhanden. Langsam geht es wieder bergauf und man muss wirklich Anreize setzen, damit das genutzt wird. Einfach nur eine Einrichtung reicht nicht ansatzweise.

    Antworten
  2. Hallo Harriet,

    da stimme ich voll und ganz zu, dass die interne Kommunikation in jedem Unternehmen einen hohen Stellenwert haben sollte, aber leider oft vernachlässigt wird.
    Es gibt in Unternehmen nichts Schlimmeres als die Gerüchteküche, wo wie beim Stille-Post-Spiel die vermeintlichen Infos ganz anders weitergegeben werden. Im Intranet können gezielt korrekte Informationen geteilt werden, was dem entgegenwirkt.

    Mir fallen dazu noch 2 Dinge ein.
    Eine E-Mail-Adresse mit der automatisch an alle Mitarbeiter eine Mail verschickt werden kann, auch wenn der Inhalt nie alle betrifft. Informationen können im Intranet thematisch in Kategorien eingeteilt werden und jeder liest das, was ihn betrifft oder interessiert. Wurde im Artikel erwähnt, dass damit die E-Mail-Flut eingedämmt werden kann.
    Der 2. Punkt sind Verbesserungsvorschläge. Einige Firmen haben ein Vorschlagswesen, Ideen werden oft sogar prämiert, aber nie umgesetzt. Im Intranet könnte man die Vorschläge “öffentlich” machen und so die Umsetzung fördern.

    Viele Grüße
    Claudia

    Antworten
    • Hallo Claudia,

      klasse, dass du gleich eigene Vorschläge beisteuerst. Vielen Dank dafür. In der Tat begegnen mir in der Praxis sehr gut strukturierte und gepflegte Intranets ebenso wie solche, die ich in meinem Beitrag beschrieben habe. Informationen zu kategorisieren ist eine Herausforderung, die bereits bei der Planung und Konzeption des Intranets zu meistern ist. Je nachdem, wie gut hier die Bedürfnisse der Mitarbeiter ermittelt und eine Struktur gebracht werden, ist das Intranet für diese später intuitiv bedienbar (Stichwort: Usability) – ein erster Schritt für Akzeptanz und Nutzung. Wenn dann, statt trockene Informationen zu verbreiten, auf Stilmittel wie Storytelling zurückgegriffen wird, ist die Wahrscheinlichkeit schon deutlich erhöht, dass die Mitarbeiter das Intranet auch rege nutzen.

      Deine Anregung zum offenen Vorschlagswesen gefällt mir. Davon kann sicher das eine oder andere Unternehmen profitieren.

      Sonnige Grüße,
      Harriet

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