Krise oder was? Wie schnell der gute Ruf in Gefahr geraten kann…

Gerade ein paar Tage ist es her, da hat sich die beliebte Satire-Sendung „heute-show“ einen ziemlich dicken Klops geleistet. Für die Sendung vom 6.2.1015 hat das Team um Oliver Welke ein Statement einer Linken-Politikerin für das „Nachtmagazin“ der ARD so zusammengeschnitten, dass der Eindruck entstand, die junge Dame halte die AfD für die freundlichere Version der NPD. Warum aus dem Fauxpas kein größerer Schaden entstanden ist, nehme ich hier einmal unter dem Aspekt der Krisenkommunikation unter die Lupe.

Was war passiert?

Marlena Schiewer, jugendpolitische Sprecherin der Partei „Die Linke“ hatte dem „Nachtmagazin“ ein Interview zum Erfolg der AfD gegeben und gesagt, dass viele Wähler in der Region rechts eingestellt sind, die NDP jedoch nicht mehr wählen wollen, weil diese zu rechtsextrem ist. Stattdessen wählten diese Leute jetzt die AfD. Schiewer: „Ich sag immer, das ist die NDP in freundlich“. Da der erste Teil des Interviews bei der „heute-show“ dem Cutter zum Opfer gefallen war, blieb nun der Eindruck, Marlena Schiewer spricht hier über ihre eigene politische Einstellung.

Und so dauerte es nicht lange, bis sich die Linken-Politiker auf Facebook zu Wort meldete und das ZDF kritisierte. „Die Macher der Show erweckten den Eindruck, ich würde jetzt AfD wählen und hätte früher NPD gewählt. Dies ist eine Frechheit und widerspricht meinem bisherigen politischen Engagement für Flüchtlinge und gegen Rassismus.“ Die Gemüter waren erhitzt. Viele Social-Media-Nutzer griffen den Beitrag auf und wiesen die Redaktion der „heute-show“ auf ihren Fehler hin.

Krisenkommunikation beim ZDF

Während viele Unternehmen in einer akuten Krise oft kopflos, hilflos und sprachlos sind oder Vorfälle herunterspielen, reagierte das ZDF prompt und wartete nicht erst das Wochenende ab. Schon am Folgetag entschuldigte sich der Sender öffentlich für den Fehler und erklärte, wie es zu der Kommunikationspanne gekommen war. Einen Tag später dann rief Oliver Welke Frau Schiewer persönlich an und versprach, die Aussage in der kommenden Sendung richtig zu stellen. Auf Facebook entschuldigte er sich noch einmal persönlich bei den Zuschauern, erklärte die Panne ausführlich und auch, was die Redaktion daraus gelernt hat und künftig anders machen wird.

Fast 37.000 Nutzer bestätigten den Beitrag mit „Gefällt mir“, mehr als 2.100 teilten ihn und fast 2.000 kommentierten ihn positiv. Frau Schiewer nahm die Entschuldigung öffentlich an und gab dazu ebenfalls eine entsprechende Erklärung ab. Ein Shitstorm blieb aus. Die Wogen waren geglättet – noch bevor die Klatschpresse mit dem Druck der Montagsausgabe beginnen konnte. Ende gut, alles gut.

Schnelles und richtiges Agieren entscheidet über die Reputationsfolgen

Das Beispiel zeigt: Krisen können jederzeit eintreten und stellen immer eine Gefahr für die Reputation von Personen oder Unternehmen dar. Auslöser kann – wie in diesem Fall – menschliches Versagen sein. In jedem Fall geht es in einer Krise darum, umgehend wieder das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und damit aktiv darüber mitzubestimmen, was über das eigene Unternehmen im Internet oder den klassischen Medien gesagt und geschrieben wird.

Gefragt sind in der Krise Zivilcourage und Mut zu offener und ehrlicher Kommunikation nach innen und nach außen sowie ein Verständnis für Umfeld und Umwelt. Ohne dieses Verständnis kann Kommunikation nicht zielführend sein. Nur wer ehrlich und mutig kommuniziert anstatt abzutauchen, zu leugnen, zu beschwichtigen oder zu mauern, macht die Rückkoppelung von Informationen möglich. Demonstrierte Zivilcourage ist ein Wert für Glaubwürdigkeit und Achtung. An dieser Stelle ein Tipp aus meiner eigenen Erfahrung: in einer Krise muss nicht alles kommuniziert werden, was wahr ist. Das, was kommuniziert wird, sollte aber wahr sein. Ein klares Nein also zu Hinhalte- und Salamitaktiken, Verschleierungen oder Maulkörben.

Krisenkommunikation braucht Struktur

Auf Kreuzfahrtschiffen wird regelmäßig ein Havarietraining durchgeführt, um das Verhalten im Ernstfall zu üben. Denn nur, wenn Abläufe klar und auch gelernt sind, klappt es in dem Moment, in dem der Stress durch das unvorhergesehene Ereignis die Denkfähigkeit des menschlichen Gehirns auf ein Minimum einschränkt. Gibt es kein gelerntes Szenario mit strukturierten Handlungs- und Kommunikationsabläufen, greifen archaische Muster. Mit dem Ergebnis: die Betroffenen tauchen ab oder stellen sich tot. Beides ungeeignetes Verhalten, um Stakeholder (Kunden, Geschäftspartner, Mitarbeiter, Investoren etc.) zu beruhigen und dafür zu sorgen, dass sie Vertrauen in die Lösungskompetenz haben.

Nun könnte man meinen, dass durch Nachrichten und öffentliche Diskussionen über Krisen Unternehmen, Projektmanager, Verbände, Politik und Behörden eine ausreichende Sensibilisierung und Vorsorge für den Fall ihrer möglichen Betroffenheit entwickelt haben. Die Realität sieht anders aus. Nach seriösen Befragungen und Erkenntnissen haben sich nur 30 Prozent mehr oder weniger mit ihrer Situation als potentiell Krisenbetroffener befasst. Im Zweifel sind nur Großunternehmen, Banken, Versicherungen und die Bundesregierung auf Krisen vorbereitet.

Was können Sie selbst tun?

Zunächst einmal können Sie dafür sorgen, dass das Krisenpotential in Ihrem Unternehmen möglichst gering ist. Dass Ihre Kunden zufrieden sind (wie mangelnde Wertschätzung aussieht, habe ich in meinem Artikel vom 17. Dezember 2014 aus eigenem Erleben beschrieben), Sie Qualität liefern, sich keine Skandale leisten… Sie können Issuesmanagement betreiben – also einen Blick auf Themen haben, die für Sie und Ihr Unternehmen relevant und / oder kritisch werden könnten. Und Sie können regelmäßig überprüfen, wie es um Ihre Online-Reputation bestellt ist. Nun sind Selbstständige und Mittelständler nicht gerade im Dauerfokus der Medien. Wenn sich Kundenbeschwerden zu einem Shitstorm auswachsen oder Konkurrenten Ihnen schaden wollen, kann sich das dank der Verbreitungsmöglichkeiten im Netz jedoch auch schnell einmal ändern.

Checkliste für Ihr Online-Reputationsmanagement

Im Folgenden also einige wichtige Schritte, die Sie für sich und / oder Ihr Unternehmen ohne größere Umstände umsetzen können.

  • Googeln Sie regelmäßig Ihren Namen. Was ist über Sie im Netz zu finden (Blogbeiträge, private Webseiten etc.)? Wenn Sie wissen, was andere über Sie sagen, dann können Sie aktiv gegensteuern, wenn Ihnen Reputationsschaden droht.
  • Legen Sie sich aussagekräftige Profile in sozialen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn zu. Sie können die Einstellungen so wählen, dass Ihr Profil von Suchmaschinen gefunden wird. Auf diese Weise können Sie die Informationen, die über Sie gefunden werden sollen, steuern.
  • Trennen Sie Berufliches von Privatem – wenn Sie einige soziale Netzwerke privat nutzen, dann sorgen Sie dafür, dass die Inhalte dieser Profile auch nur einem privaten Kreis zugänglich ist. Bilder exzessiver Parties machen sich schlecht, wenn Sie im Geschäftsleben z. B. ein seriöser Managementberater sind oder ein Unternehmen führen.
  • Prüfen Sie über die Bildersuche von Google, welche Bilder von Ihnen auffindbar sind. Passen Sie gegebenenfalls Einstellungen von Benutzerprofilen an.
  • Überwachen Sie die Kommunikation im Web mittels Google Alerts und richten diese auf ihren Namen oder Ihr Unternehmen ein. So erhalten Sie täglich Informationen darüber, ob und wie im Netz über Sie gesprochen wird.
  • Nutzen Sie SEO (Suchmaschinenoptimierung) als Mittel zum Online Reputation Management: wenn Sie regelmäßig suchmaschinenoptimierte Beiträge zur eigenen Person, zur Firma und oder zu Ihren Produkten verbreiten, trägt das dazu bei, dass dass Google & Co. unter den ersten Suchergebnissen Informationen liefern, die im Sinne des Reputation Management sind.

 

Und wenn Sie doch in eine Krise schlittern, bleiben Sie nicht sprachlos, sondern holen sich Unterstützung. Der Reputationsschaden kostet am Ende viel mehr als der Kommunikationsspezialist an Ihrer Seite.

Harriet Lemcke Über Harriet Lemcke
Harriet Lemcke ist Beraterin, Trainerin und Interim Managerin für Unternehmenskommunikation und Organisationsentwicklung und hat langjährige Erfahrung in der internen & externen Kommunikation sowie im Journalismus. In ihrer Arbeit verbindet sie moderne Ansätze in PR und Marketing mit Methoden und Ansätzen aus der Managementlehre und der systemischen Beratung. Sie unterstützt dabei, die Qualität und Effizienz von Kommunikationsprozessen zu verbessern und Ressourcen optimal einzusetzen. Sie haben ein Thema und wollen neue Impulse? Nehmen Sie jetzt Kontakt auf! Zum Beratungsangebot

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