Wie schreiben Sie Ihre Marketingtexte? Engagieren Sie einen Texter, der in wonnigen Worten dafür sorgt, dass Sie in einem besonders hellen Licht erstrahlen? Ist Ihre Webseite SEO-optimiert (SEO = search engine optimizaton oder deutsch: Suchmaschinenoptimierung) mit exakt berechneter Keyworddichte, damit Google sie ordentlich rankt? Schreiben Sie Ihre Texte am Ende gar selbst und brüten Stunden, Tage oder Wochen darüber, wie Sie sich selbst bzw. Ihr Unternehmen, Ihre Angebote und Ihre gefühlte Alleinstellung am Markt am besten darstellen? Achten Sie dabei darauf, dass die „wichtigen“ Schlagworte gleich ins Auge fallen?
Nabelschau ist unsexy
Mal ehrlich: wenn Sie sich einmal umschauen, was auf Webseiten, Flyern oder in Broschüren steht, dann stellen Sie sehr schnell fest, dass die mit Buzzwords gespickten Selbstdarstellungen am Ende nicht dafür sorgen, dass der Absender besonders im Gedächtnis bleibt. Eher im Gegenteil. Nehmen wir als Beispiel die Coachingbranche. Da ich selbst weibliche Führungskräfte coache, schaue ich mir regelmäßig auch die Seiten von Marktbegleitern an. Die allermeisten von ihnen empfangen den Besucher schon auf der Homepage mit Buzzwords wie „systemisch“, „lösungsorientiert“, „Veränderung“ oder „Neuorientierung“. Gern werden auch Methoden aufgeführt oder die Lehrer der durchlaufenen Coachingausbildung zitiert.
Hilft dieses Eigenmarketing den potenziellen Coachees auf der Suche nach einer Lösung für ihr Problem? Werden sie damit abgeholt und können ein Bauchgefühl dafür entwickeln, wer sie in ihrer aktuellen Situation tatsächlich weiterbringt? Wohl kaum. Wenn sie nicht gerade selbst Kommunikationsspezialisten sind, eine Coachingausbildung hinter sich haben oder aber sich aus purer Neugierde eingehend mit Luhmanns Systemtheorie beschäftigt haben, werden sie mit dem Buzzword „systemisch“ reichlich wenig anfangen können. Solch buzzword-gespickte Webseiten wirken auf den nicht eingeweihten Nutzer eher beliebig, denn unverwechselbar und hilfreich. Das Problem setzt sich auch jenseits der Coaching-, Training- und Beraterbranche beliebig fort.
Prüfen Sie den Bullshit-Index Ihrer Texte ganz bequem
Warum schreibe ich das hier? Weil ich ein ganz zauberhaftes und sehr nützliches Werkzeug entdeckt habe, mit dem Sie Ihre Marketingkommunikation einmal kritisch unter die Lupe nehmen können. Wollen Sie wissen, was Sie für Buzzword-Bomben auf die Menschheit loslassen? Wirklich? Respekt!
Mit dem Blablameter bekommen Sie binnen weniger Sekunden eine Auswertung darüber, wie viel heiße Luft Sie mit Ihren Marketingtexten verbreiten. Einfach Ihren Text in das dafür vorgesehene Fenster hineinkopieren (maximal 15.000 Zeichen) und los geht´s.
Auf dem Weg zu besseren Texten (oder Textern)
Wie aber schreibt man nun einen guten Marketingtext? Das wichtigste (und meistens auch das schwierigste) ist dabei der Perspektivwechsel. Ihre Marketingkommunikation betreiben Sie schließlich nicht zum Selbstzweck. Sie möchten damit potenzielle Kunden oder Geschäftspartner ansprechen. Versetzen Sie sich also in deren Bedürfnisse hinein und beantworten die Fragen, die sich ihre Zielgruppen stellen. Welchen Nutzen stiftet Ihr Unternehmen? Welche Probleme lösen Ihre Produkte? Welchen Mehrwert bieten Ihre Dienstleistungen? Denken Sie nicht absender-, sondern tatsächlich empfängerbezogen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich mit dieser Transferleistung so manch ein Marketingverantwortlicher oder Selbstständiger sehr, sehr schwer tut.
Wenn Sie zum Beispiel Finanzdienstleistungen vertreiben, dann kommen Ihre Kunden nicht zu ihnen, weil sie nach einer neuen Anlagemöglichkeit suchen, sondern weil sie sich Sicherheit für´s Alter wünschen oder ihre Kinder beim Start ins Erwachsenendasein absichern möchten. Wenn Sie Arzt sind, kommen Ihre Patienten nicht wegen Ihres Doktortitels, Ihrer wohlklingenden Zertifikate oder der modernen Praxisausstattung zu Ihnen. Primär geht es Ihren Patienten darum, dass Sie sie gesund machen.
Storytelling – erzählen Sie doch mal Geschichten
Wenn Sie erfolgreich um die Ecke gedacht haben, dann sind Sie bald auch bereit für Stufe zwei. Erzählen Sie eine Geschichte. Unser Gehirn liebt Geschichten und prägt sich Botschaften viel schneller und ganz nebenbei ein. Und mal ehrlich: Sie lesen bestimmt auch lieber nette Geschichten als langweilige Selbstdarstellungen, oder? Mit einer guten Geschichte können Sie selbst dann Emotionen bei Ihren Zielgruppen wecken, wenn Sie in einer technischen Branche unterwegs sind.
Die TÜV Süd AG zum Beispiel hat 2014 den besten Geschäftsbericht vorgelegt. In der Begründung schrieb die ERGO Gesellschaft für Kommunikation mbH:
„Vertrauen ist für viele Unternehmen wichtig. Für TÜV SÜD ist es ein Geschäftsmodell. Das diesjährige Magazin zum Geschäftsbericht greift diesen wesentlichen Erfolgsfaktor auf und erzählt von Menschen, die vertrauen – auf sich selbst, auf ihr Team und natürlich auf TÜV SÜD. Die aufwändig recherchierten und exzellent geschriebenen Features, Reportagen und Berichte wagen den Blick aus dem Unternehmensuniversum hinaus ohne den Bezug zum eigentlichen Geschäft zu verlieren.“
Begeistern Sie Ihre Kunden
Fällt Ihnen etwas auf? In dem ausgezeichneten Geschäftsbericht finden sich keine nüchternen Zahlenberichte oder darstellende Marketingtexte. Mit journalistischem Handwerkszeug wird hier die Leitidee „Vertrauen“ in Szene gesetzt bzw. in lesenswerte Geschichten übersetzt. Geschichten zu erzählen funktioniert in Geschäftsberichten ebenso wie in Broschüren, auf Webseiten oder in Flyern. Liefern Sie Mehrwert, unterhalten Sie und überraschen, indem Sie die Erwartungshaltung der Nutzer, Ihrer potenziellen Kunden und Geschäftspartner übertreffen.
Und ganz nebenbei macht diese Art von Marketingkommunikation auch Ihnen selbst Freude – so wie unserer Kundin ihr neuer Faltflyer, den sie zusammen mit einem sympathischen Anschreiben und einer Tasse guter Schokolade zum Valentinstag an ihre Wunsch- und Bestandskunden sowie ihre Bewerber und externen Mitarbeiter versendet hat.
Storytelling Kampagnenflyer (Foto Credit: Anni Karrenbauer)
Der Bullshit-Index für diesen Text liegt übrigens bei 0,08. Bemerkung: Ihr Text weist keine oder nur geringe Anzeichen für Blabla auf. Ein bißchen Übung gehört natürlich dazu, um eine gute Geschichte zu schreiben. Aber – probieren Sie es doch einfach einmal aus.
Über Harriet Lemcke
Harriet Lemcke ist Beraterin, Trainerin und Interim Managerin für Unternehmenskommunikation und Organisationsentwicklung und hat langjährige Erfahrung in der internen & externen Kommunikation sowie im Journalismus. In ihrer Arbeit verbindet sie moderne Ansätze in PR und Marketing mit Methoden und Ansätzen aus der Managementlehre und der systemischen Beratung. Sie unterstützt dabei, die Qualität und Effizienz von Kommunikationsprozessen zu verbessern und Ressourcen optimal einzusetzen. Sie haben ein Thema und wollen neue Impulse? Nehmen Sie jetzt Kontakt auf!
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