Zugegeben, das liest sich ein wenig verallgemeinernd und provokant. Aber: sind Sie schon einmal bei einem Vortrag weggenickt? Mir wäre das letztens beinahe passiert. Und dabei hatte mich das Thema durchaus interessiert. Immerhin fand ich es so spannend, dass ich die Einladung zum Businesslunch gern angenommen, mich mit dem Auto mittags in die Hamburger Innenstadt gekämpft und nach sportlicher Parkplatzsuche eine Handvoll Münzen in den hungrigen Parkautomaten eingeworfen hatte. Die Runde – Beraterkollegen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, in der Mehrzahl männlich. Der Raum war gut gefüllt mit grauen, dunkelblauen und schwarzen Anzügen und ich nahm in der ersten Reihe Platz.
Das Thema des Impulsvortrags war – passenderweise für Hamburg – maritim. Der Vortragende – seit mehr als 40 Jahren im Geschäft und seit über 30 Jahren Unternehmer – schickte sich an der Runde zu erklären, wie die ganz großen Pötte in den Hamburger Hafen bugsiert werden. Nun haben mich maritime Themen schon als Kind fasziniert, dennoch wollte es mir bei aller Konzentration nicht wirklich gelingen, dem Vortrag des freundlichen Herren im ebenfalls dunkelblauen Anzug zu folgen.
Powerpoint-Narkolepsie und andere Nebenwirkungen
Keine fünf Minuten nach Vortragsbeginn fing etwas in mir an, unruhig zu werden, sich zu langweilen, abzudriften. Bei der dritten Folie war ich irgendwie raus und spürte, was in abgedunkelten Räumen häufiger passiert, wenn die Zuhörer auf den erhellten Fleck an der Wand starren, auf dem sich die mit Bulletpoints, Textwüsten und Grafiken gespickten Charts im Minutentakt abwechseln: Powerpoint-Narkolepsie.
Der Impulsredner ist ganz sicher ein Experte auf seinem Gebiet. Sein Vortrag jedoch begann, mir körperliches Unbehagen zu bereiten. Zum Einen lag jenes an dem nicht enden wollenden Vorrat an Präsentationscharts, die er – jeweils mit drei Schritten zum verkabelten Notebook eilend – händisch per Tastendruck aktivierte. Zum Anderen schickte er sich an, den halben Vortrag der Wand zu präsentieren. Abgewandt vom Publikum las er jeweils die Textbausteine vor, um sie anschließend frei zu erläutern. Das Ganze mit einer Stimmführung, die nicht im Ansatz geeignet war, um die Anwesenden mitzureißen, sondern eher eine sehr beruhigende und einschläfernde Wirkung hatte. Und dann kam noch etwas hinzu, was mein Unterbewusstsein bereits nach wenigen Sekunden als überaus störend empfunden hatte, welches sich jedoch erst allmählich den Weg in mein Bewusstsein bahnte: während des gesamten Vortrags wippte der Redner mit hängenden Schultern auf die Zehenspitzen und zurück – wie ein Wackeldackel, nur vertikal. Das ging mir – gelinde gesagt – gehörig auf den Zeiger und machte mich mit zunehmender Dauer sogar leicht aggressiv.
Die Formel für Ihren Auftritt
Man muss kein Kommunikationsexperte sein, um mit folgender Formel schon einmal in Berührung gekommen zu sein: 55 – 38 – 7.
Das ist jene Formel, nach der Menschen Kompetenz und Sympathie anderer Menschen beurteilen. 55 Prozent über das Auftreten, die Körpersprache, 38 Prozent über die Stimme und sieben Prozent über den Inhalt. Auch Nicht-Mathematiker werden schnell anhand der prozentualen Verteilung der Aufmerksamkeit erkennen, dass das, WAS ich sage erst dann zu den Menschen vordringt, wenn sie über das WIE erreicht habe.
Es macht also mehr als nur Sinn, der eigenen Präsenz, dem eigenen Auftritt und dessen Wirkung deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In der Realität sieht es meist anders aus. Man steht mehr oder weniger im Thema und überlegt sich akribisch, welche Inhalte in welcher Reihenfolge auf wie vielen Charts und in welcher Anmutung untergebracht werden sollen.
Welcher Unternehmer, Freiberufler, Kreativer … macht sich dann auch noch Gedanken, wie er selbst „rüberkommt“? Die allerwenigsten. Leider! Das Ergebnis: eine für alle Seiten anstrengende Präsentation und eine verschenkte Chance, sein eigenes Business oder Herzensthema so zu transportieren, dass andere angesteckt, ja mitgerissen werden – und davon abends noch ihrem Partner, Freunden oder Kollegen erzählen.
Wie Sie Aufmerksamkeitsvampire vermeiden
Eine Präsentation zu halten gehört für jede Führungskraft und jeden Selbstständigen zu einer Notwendigkeit. Und die gute Nachricht für alle, die sich selbst nicht für eine erklärte Rampensau halten: JEDER kann eine gute Präsentation halten, ohne gleich zu einem Entertainer zu mutieren. Und die zweite gute Nachricht: JEDER kann es lernen. Das sage ich Ihnen einfach aus der Überzeugung und der Erfahrung aus meiner 17jährigen Radiozeit. Arbeiten Sie an den 93 Prozent, die das Unterbewusstsein Ihrer Zuhörer beeinflussen. Werden Sie akribisch, wenn es um IHREN Auftritt geht. Denn oft entscheiden Kleinigkeiten über Erfolg oder Misserfolg. Und auch hier liegen Selbst- und Fremdwahrnehmung häufig meilenweit auseinander. Fragen Sie Menschen, die Ihnen wohlgesonnen und tendenziell ehrlich sind und bitten um ein konstruktives Feedback.
Fünf Minuten für bessere Präsentationen
Hier nur einige Tipps, die Sie relativ leicht umsetzen können:
- Achten Sie auf Ihre Körperspannung – mit hängenden Schultern strahlen Sie ebenso wenig Dynamik aus wie mit der Haltung eines Zinnsoldaten
- Kleidungswahl – vermeiden Sie Motivkrawatten, Statementketten, Stilettos oder andere grelle oder klappernde Teile
- Sicherer Stand – stellen Sie die Beine hüftbreit auseinander, Wippen, Hüpfen, Überkreuzen sorgen nicht nur dafür, dass Sie leicht einmal den Halt verlieren können, es kostet Sie auch Aufmerksamkeit
- Stimmführung – achten Sie auf Variation der Lautstärke, des Sprachtempos, variieren Sie mit der Betonung und verbinden diese mit Ihrer Bewegung. Achten Sie auf Zwerchfellatmung und vermeiden Sie Kopfstimme (gerade, wenn Menschen aufgeregt sind, wird die Atmung flacher und die Stimme rutscht nach oben)
- Legen Sie in wichtige Aussagen auch stimmlich Gewicht und bewegen sich ruhig auch auf Ihre Zuhörer zu – denn mit physischer Nähe im rechten Moment unterstreichen Sie Botschaften und sorgen auch psychisch für Nähe
- Bereiten Sie sich auf Ihre Zuhörer vor – welche Erwartungen haben diese an Ihren Vortrag? Nur so können Sie diese übertreffen und Ihre Zuhörer überraschen!Für´s Erste soll es an dieser Stelle reichen. Wenn Sie diese sechs Punkte beachten, dann werden Sie schon bald Aha-Erlebnisse, begeisterte Zuhörer und selbst viel mehr Freude an Ihren Präsentationen haben. Und die sieben Prozent Inhalt haben Sie ohnehin drauf.
Kommentare konnte ich bei meinem Hoster-Umzug leider nicht übertragen. Daher kopiere ich sie an dieser Stelle hier hinein:
Dr. Heinz Gralki
27. November 2014 21:50 Uhr
Naja, Naja……die Zuhörer schlafen in der Regel ein, weil die Folien so miserabel sind…und die Referenten miserable Folien auch noch miserabel vorlesen.
Über Harriet Lemcke
Harriet Lemcke ist Beraterin, Trainerin und Interim Managerin für Unternehmenskommunikation und Organisationsentwicklung und hat langjährige Erfahrung in der internen & externen Kommunikation sowie im Journalismus. In ihrer Arbeit verbindet sie moderne Ansätze in PR und Marketing mit Methoden und Ansätzen aus der Managementlehre und der systemischen Beratung. Sie unterstützt dabei, die Qualität und Effizienz von Kommunikationsprozessen zu verbessern und Ressourcen optimal einzusetzen. Sie haben ein Thema und wollen neue Impulse? Nehmen Sie jetzt Kontakt auf!
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